Institut

für Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit (IKFN)


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Basilius Sattler, Joachim Lütkemann, Eberhard Finen

Die drei Oberhofprediger Basilius Sattler, Joachim Lütkemann und Eberhard Finen.

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung

Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1570-1714


Direkt zum Forschungsportal des Oberhofprediger-Projekts unter www.oberhofprediger.de wechseln.

Unter dem Titel "Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1570-1714" förderte das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur eine auf vier Jahre angelegte Forschungskooperation des Interdisziplinären Instituts für Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit (IKFN) der Universität Osnabrück mit der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel.

Gegenstand des Forschungsvorhabens war die Hofgeistlichkeit des 16. und 17. Jahrhunderts, der im zunehmend zentralisierten Fürstenstaat der Frühen Neuzeit eine Schlüsselstellung zukam. Die protestantischen Oberhofprediger waren nicht nur Seelsorger der fürstlichen Familie, sondern besetzten auch Schlüsselpositionen in der Leitung der Landeskirche. Die Frage nach ihrem Aktionsfeld und ihren Gestaltungsmöglichkeiten im Prozess der Staatsbildung stand im Zentrum der interdisziplinär angelegten Untersuchungen. Dabei profitierte das Projekt von Synergieeffekten mit einem bereits bestehenden Wolfenbütteler Forschungsvorhaben, in dem das akademische Leben an der Universität Helmstedt rekonstruiert wurde. Denn an der 1576 gegründeten welfischen Landesuniversität studierte die Mehrzahl der Prediger, die am Hof der Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel beschäftigt waren.
Am IKFN an der Universität Osnabrück wurde das Projekt in erster Linie durch die Frühneuzeithistorikerin Prof. Dr. Siegrid Westphal und den Theologen Prof. Dr. Martin Jung betreut und an der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel durch die Frühneuzeithistorikerin Prof. Dr. Ulrike Gleixner.

Die Kooperation zwischen der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel und dem Interdisziplinären Institut für Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Osnabrück stellte die Zusammenarbeit beider Forschungszentren auf eine neue Stufe. Das Ziel, gemeinsam neue Impulse für die Frühneuzeit-Forschung zu entwickeln und die niedersächsische Forschungslandschaft im nationalen wie internationalen Wettbewerb weiter zu profilieren, wurde durch die an das Oberhofprediger-Projekt anschließende Bewilligung des gemeinsam von der HAB und dem IKFN beantragten Promotionsprogramms "Wissensspeicher und Argumentationsarsenal"  voll erfüllt. Prof. Dr. Wolfgang Adam, Direktor des IKFN, betont, dass beide Vorhaben wie auch die von der Stiftung Niedersachsen geförderte Vortragsreihe »Frühe Neuzeit-Forschung in Niedersachsen« zeigten, welches große Potential an Frühneuzeit-Forschung in diesem Bundesland vorhanden sei.

Das Forschungsvorhaben gliederte sich in drei Teilprojekte:

1. Ein Oberhofprediger im Konflikt: Basilius Sattler zwischen konfessioneller Landeskirche, Landesuniversität und Ausbau der Landesherrschaft (1569-1624):

Basilius Sattler (1549-1624) war die zentrale Figur der lutherischen Konfessionsbildung in Braunschweig-Wolfenbüttel. In seinen Ämtern und Funktionen steuerte er ganz entscheidend die Landeskirche, bestimmte deren theologischen Kurs mit und versuchte, diesen auch in der Universität Helmstedt zu verankern, wie nicht zuletzt in den seit 1581 existierenden Lektionskatalogen der Universität deutlich wird, die in dem bereits erwähnten Forschungsprojekt "Wissensproduktion an der Universität Helmstedt" an der Herzog August Bibliothek in einer Datenbank verzeichnet wurden. Unter seiner Führung gewann das Konsistorium zeitweise einen hohen Grad von Autonomie gegenüber der weltlichen Administration, die - etwa in Gestalt des 20 Jahre amtierenden Vizekanzlers/Kanzlers Johann Jagemann - mit den Parteigängern um den Philosophen Johannes Caselius an der Landesuniversität Helmstedt kooperierte. Das Teilprojekt zeichnete die Aktivitäten Sattlers auf den unterschiedlichen Handlungsfeldern, seine inner- wie außerterritorialen Netzwerke, die Beziehungen zu den Regenten sowie seine theologische Position und Predigttätigkeit nach.

Projektmitarbeiter: Dr. Matthias Meinhardt, matthias.meinhardt@geschichte.uni-halle.de

2. Lutherischer Oberhofprediger und irenische Landeskirche: Die politische und geistliche Rolle Joachim Lütkemanns (1649-1655):

Joachim Lütkemann (1608-1655) wurde 1649 aus Rostock, wo er aufgrund seiner christologischen Auffassung in Konflikte mit den dortigen Theologen geraten war, durch Vermittlung der Herzogin Elisabeth Sophie von Herzog August 1649 nach Wolfenbüttel berufen. Im Unterschied zu Sattler begab er sich in eine Landeskirche, in der sich der Calixtinismus über die Universität hinaus bereits fest etabliert hatte. Es stellte sich die Frage, inwieweit seine institutionell schon geschwächte Position auch die Wirksamkeit seiner Predigttätigkeit und den Einsatz für einen lutherisch-orthodoxen Obrigkeitsentwurf sowie seine Wirkung als Erbauungsschriftsteller berührte. Hatte der Herzog dem Konsistorium doch alte Kernbereiche, wie die Oberaufsicht über das höhere Schulwesen, entzogen. Zu diesem Teilprojekt ist die Monographie "Theologe, Erbauungsschriftsteller, Hofprediger: Joachim Lütkemann in Rostock und Wolfenbüttel" (Wiesbaden 2013) erschienen.

Bearbeitet von: Dr. Christian Deuper, cdeuper@uni-osnabrueck.de

3. Fürstenkonversion und lutherische Oberhofprediger: Der Hofprediger Eberhard Finen und die fürstlichen Konfessionswechsel in Braunschweig-Wolfenbüttel um 1700

Anhand des Beispiels des Braunschweig-Wolfenbüttelschen Hofpredigers Eberhard Finen (1668–1726) wurden Aktionsmöglichkeiten und Handlungszwänge evangelischer Hofgeistlicher zu Beginn des 18. Jahrhunderts untersucht. Im Mittelpunkt standen dabei die Reaktion Finens auf die Konversion des Herzogs Anton Ulrich vom protestantischen zum katholischen Glauben. Gefragt wurde vor dem Hintergrund seines persönlichen Beziehungsumfelds und der normativen Vorgaben insbesondere nach dem Amts- und Selbstverständnis Finens und den Handlungsspielräumen, die sich ihm angesichts des Glaubenswechsels seines Landesherrn eröffneten. Dieses Teilprojekt wurde mit der Dissertationsschrift "Fürstenkonversion und lutherische Oberhofprediger. Eine Fallstudie zur Regierungszeit Anton Ulrichs (1707-1714)" abgeschlossen.

Projektmitarbeiterin: Alexandra Faust M.A., afaust@uni-osnabrueck.de

Die Bedeutung der Hofprediger als Schnittstelle zahlreicher Schlüsselfragen der frühneuzeitlichenGeschichte (Konfessionalisierung, Politikverständnis, politisch-religiöse Interaktion an Höfen, Fürstenkritik, bürgerliche Eliten) bot eine ideale Anschlussmöglichkeit für die Entwicklung eines interdisziplinären e-learning Moduls zur Frühen Neuzeit. Die bereits umfangreich vorhandenen Digitalisate in der Herzog-August Bibliothek sowie die geplante Volltexterschließung zentraler Quellendokumente für den Themenbereich "Hofprediger" ließen sich zu einem e-learning Modul entwickeln, das den interaktiven Kompetenzerwerb der Studierenden in den Mittelpunkt stellt. Dieses e-learning Modul wurde in enger konzeptioneller Anlehnung an das Modell "Die Frühe Neuzeit als Epoche" entworfen, das am IKFN als interdisziplinäres e-learning Angebot für die Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit entwickelt wurde und im Curriculum des Masterstudiengangs "Renaissance- und Reformationsstudien" verankert wurde.
Das Ziel ist, die Studierenden aktiv und interaktiv mit frühneuzeitlichen Quellen und Wissensbeständen zu konfrontieren, wobei eine ergebnisoffene Präsentation notwendig ist, um das "forschende Lernen" der Masterstudierenden zu ermöglichen. Das e-learning Modul ist kein Ersatz für die universitäre Präsenzlehre, sondern es stellt eine Ergänzung zum Erwerb von Methodenkompetenz dar, zum Beispiel einen methodisch sicheren Umgang mit einem heterogenen Quellenkorpus, die Anwendung hilfswissenschaftlicher Techniken, die Entwicklung von Forschungskompetenz sowie die Praxis mit medialen Präsentations- und Recherchetechniken.

Projektleitung

Prof. Dr. Siegrid Westphal, Universität Osnabrück, siegrid.westphal@uni-osnabrueck.de

Prof. Dr. Martin Jung, Universität Osnabrück, martin.jung@uni-osnabrueck.de

Prof. Dr. Ulrike Gleixner, Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, gleixner@hab.de

Projektmitarbeiter

Dr. Matthias Meinhardt, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenbergmatthias.meinhardt@geschichte.uni-halle.de

Alexandra Faust M.A., Universität Osnabrück, afaust@uni-osnabrueck.de

Dr. Christian Deuper, cdeuper@uni-osnabrueck.de

E-Learning-Modul

Dr. Inken Schmidt-Voges, Universität Osnabrück, inken.schmidt-voges@uni-osnabrueck.de

Dr. Thomas Stäcker, Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, staecker@hab.de

Jan-Hendrik Evers M.A., Universität Osnabrück, jevers@uni-osnabrueck.de

Dr. des. Olga Weckenbrock, Universität Osnabrück, olga.weckenbrock@uni-osnabrueck.de
(Projektarbeit beendet.)

Studentische Hilfskräfte

David Blömker, Universität Osnabrück, dbloemke@uni-osnabrueck.de

Jennifer Hoffmann, Universität Osnabrück, jenhoffm@uni-osnabrueck.de

Ines Petersen, Universität Osnabrück, ipeterse@uni-osnabrueck.de

Franziska Müller, Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, fmueller@hab.de

Projektergebnisse

Christian Deuper: Theologe, Erbauungsschriftsteller, Hofprediger: Joachim Lütkemann in Rostock und Wolfenbüttel, Wiesbaden 2013.

Alexandra Faust: Fürstenkonversion und lutherische Oberhofprediger: Eine Fallstudie zur Regierungszeit Anton Ulrichs (1707-1714). (Masch. Diss. 2016)

Matthias Meinhardt; Ulrike Gleixner; Martin H. Jung, Siegrid Westphal (Hg.): Religion. Macht. Politik: Hofgeistlichkeit im Europa der Frühen Neuzeit (1500-1800) [Ergebnisse des Arbeitsgespräches, das im Oktober 2011 an der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel abgehalten wurde], Wiesbaden 2014.